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Markenpersönlichkeit gleich Konsumentenpersönlichkeit?

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Vor einigen Tagen verkündete das US-Beratungsunternehmen Interbrand, dass die langjährig teuerste Marke der Welt Coca Cola sich gegen Apple geschlagen geben muss. Der Technologiekonzern Apple überholt Coca Cola und nimmt nun im Markenwertranking den ersten Platz der teuersten Marken der Welt ein. Doch wie gelang Apple dieser Aufstieg?

Ein möglicher Baustein liegt wohlmöglich in der zielgruppenorientierten Kommunikation. Durch das Emotionalisieren von Marken versuchen Unternehmen diesen eine eigene Markenpersönlichkeit zu geben, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Heute sind viele Produkte qualitativ auf dem gleichen Stand. Gleiche oder zumindest sehr ähnliche Produkte führen also auch zu gleicher Werbung, die von den Konsumenten kaum wahrgenommen wird. Schließlich sind auch sie mittlerweile aufgeklärter, was Produktwerbung bei ihnen bezwecken soll.

All diese Aspekte verlangen es einem Unternehmen also ab, den Konsumenten anders als vorher anzusprechen. Dieser hat die Qual der Wahl zwischen einer Vielzahl von Produkten und Marken und ist von geringen Wechselbarrieren geprägt. Der Konsument leidet aufgrund des massigen Angebots allerdings auch an einer Reizüberflutung.

Unternehmen fahren daher besser, wenn sie die Persönlichkeit ihrer Marken mit der Persönlichkeit ihrer Zielgruppe abstimmen.

Es stellt sich nun die Frage, in welcher Art und Weise die beiden Persönlichkeiten, jeweils von Konsument und Marke, miteinander in Einklang gebracht werden sollten und wie sich die Kongruenz messen lassen kann?

Um den Markt in unterschiedliche Zielgruppen zu segmentieren und somit Konsumentengruppen mit gleichem Kaufverhalten zu identifizieren, wurden in der Vergangenheit mithilfe von psychologischen Persönlichkeitsmodellen unzählige verschiedene Käufer- und Konsumententypologien bestimmt. Hierzu eignet sich auch das DiSG-Persönlichkeitsprofil, welches einem Konsumenten verschiedene Verhaltensdimensionen in unterschiedlich starker Ausprägung zuordnet: dominant, initiativ, stetig oder gewissenhaft.

Das Deutsche Institut für Marketing machte sich das DiSG-Modell zu Nutze, auch Marken und ihre Persönlichkeit im DiSG-Profil abzubilden, denn nach dem Markenverständnis vom Wirtschaftswissenschaftler David A. Aaker  besitzen nicht nur Menschen eine Identität und damit eine Persönlichkeit, sondern auch Marken.

Herr Link, wir würden Sie den Apple-Konsumenten bzw. die Marke Apple selbst im DiSG-Profil abbilden?

Zuerst lässt sich sagen, dass die Marke Apple mittlerweile sehr breit aufgestellt ist. Durch die Einführung von iPod, iPhone und iPad, also einer Ausweitung des Produktportfolios, spricht die Marke mittlerweile auch Käuferschichten außerhalb der „Designer- und Architektenwelt“ an. Dies war ein genialer Schachzug um das Kundenpotenzial zu steigern. DEN Apple-Kunden gibt es allerdings in der DiSG-Welt nicht.

D.h., Apple hat demnach auch keine spezifische Markenpersönlichkeit?

Nein. Anhand der Kommunikation lässt sich eine Tendenz ablesen, zu welcher DiSG-Persönlichkeit die Marke bzw. das Produkt tendiert. Gerade im Produktbereich können wir sehr gut Schlüsse ziehen. Nehmen wir die Aussagen, die ich heute zum neuen iPhone 5C auf der Apple Website fand: „Für alle, die bunt leben. Farbe ist mehr als nur Optik. Sie zeigt ein Gefühl. Macht ein Statement. Unterstreicht deine Persönlichkeit.“ Dies spricht ganz klar eher extrovertierte Persönlichkeiten an, die aus sich herausgehen und im Mittelpunkt stehen möchten. Im DiSG-Modell ordnen wir i-Persönlichkeiten diese Eigenschaften zu. Alternativ kommuniziert Apple das iPhone 5s: „Eleganter Look aus Metall und Glas. Saphirkristall in der Hometaste. […] Design und Ausführung auf diesem Niveau sind beispiellos. […] All diese Features in einem Smartphone vereint, ergeben ein iPhone, das seiner Zeit mehr als voraus ist.“ Hier liegt der Fokus neben der gesellschaftlichen Anerkennung eher auf Autorität, Macht, also entsprechend einer D-Persönlichkeit im DiSG-Modell. Im Falle des iPhones können wir so abschließend davon ausgehen, dass eher D- oder i-Persönlichkeiten zu einem iPhone greifen. Persönlichkeiten, die genau das Preisleitungsverhältnis analysieren oder schwer mit Neuerungen umgehen können, also S- oder G-Persönlichkeiten, suchen sich eher andere Modelle und/oder Marken.

Was bedeutet dies für die gesamte Marke Apple?

Diese D-i-Orientierung lässt sich nicht 1zu1 auf alle anderen Produkte von Apple umlegen, stimmt aber in der Tendenz auch für die Marke Apple insgesamt. Apple ist insgesamt sehr konsistent in seiner Kommunikation und seinem Auftreten.

Henkel und sein Werbeslogan „a brand like a friend“ betont die Wichtigkeit emotionaler Bindung zwischen Konsument und Marke. Suchen sich potentielle Konsumenten Marken also tatsächlich wie Freunde aus bzw. ist es fix in uns verankert, welche Marken wir aufgrund der Kongruenz zwischen der eigenen und der Markenpersönlichkeit bevorzugen?

Die Studie belegt genau dies. Es stellte sich heraus, dass die Kongruenz zwischen Marken- und Konsumentenpersönlichkeit erstaunlich hoch liegt. Vor allem die Tests, in denen den Probenden extrem auf die vier Persönlichkeitsausprägungen abgestimmte Testwerbungen präsentiert wurden, zeigen, dass Menschen eher Produkte ansprechen, die in Ihrem Auftreten Ihrer Persönlichkeit ähneln. Hierbei muss ich aber erwähnen, dass diese Kongruenz niemals alleine ausschlaggebend für einen Kauf ist. Hierbei spielen viele Faktoren wie Sozialisation oder Kaufkraft eine große Rolle. So kann sich eine iPhone nicht jeder leisten obwohl er es gerne hätte.

Inwieweit können Unternehmen diese Konsument-Marken-Beziehung für ihre Markenstrategie nutzen?

Zum einen lassen sich Produkte entwickeln, die bestimmte Persönlichkeiten ansprechen. Die Versicherungs- und Finanzindustrie leben dies vor, indem sie Produkte anbieten die sich z.B. stark an der Risikobereitschaft der Kunden orientieren. Zum anderen besteht die Möglichkeit bei bestehenden Produkten potenzielle Kunden persönlichkeitsorientiert anzusprechen. Und das auf zwei Ebenen: inhaltlich und bei der Auswahl der richtigen Kommunikationswege und -mittel. Möchte ich G-Persönlichkeiten ansprechen bedarf es schriftliche, faktenorientierte und genaue Inhalte. I-Persönlichkeiten kommt es weniger auf den Inhalt, als mehr auf das Gespräch, das Socializing mit dem Vertriebsmitarbeiter an.

Macht Werbung überhaupt noch Sinn, wenn die Konsumentenpersönlichkeit ohnehin vorgibt, welche Marke präferiert wird?

Natürlich. Die Marketingabteilung gibt ja auch die Positionierung mit vor. Ohne Werbung erhalten wir kein Markenimage in unseren Köpfen, das wir mit unserer Persönlichkeit abgleichen können. Noch erfahren wir von potenziell interessanten Produkten. Die Werbung hat und wird sich aber anpassen. Die Zeiten des Gießkannenprinzips sind größtenteils vorbei.

Wie holt man verschiedene Persönlichkeiten ab, ohne andere dabei zu verscheuchen? Und kann sich ein Unternehmen z.B. wie Apple es sich überhaupt leisten, nur eine bestimmte Konsumentenpersönlichkeit anzusprechen?

Diese Fragen sind schwierig zu beantworten, da im Marketing viele weitere Faktoren wie der Wettbewerb und die Märkte großen Einfluss auf Produkt und Kommunikationsentscheidungen haben. Bezüglich der ersten Frage lässt sich sagen, dass eine Produktdiversifikationen mit angepasster Kommunikation hilft eine breite Kundenbasis zu bedienen. Die zweite Frage möchte ich mit einer Gegenfrage beantworten: Kann es sich Apple leisten, sich nicht zu positionieren? Ohne Positionierung erscheint jede Marke unglaubwürdig. Und das wäre der Tod der Marke.

 

Herr Sebastian Link ist Projektleiter am Deutschen Institut für Marketing in Köln und für die Kundenberatung in den Bereichen strategisches Marketing, Marketingkommunikation und strategisches Management zuständig. Er ist bereits seit mehren Jahren als Consultant tätig und bringt daher eine entsprechende Expertise mit sich.

Hier gibt es den vollständigen Artikel aus dem Jahrbuch Marketing 2012/2013 zum Download:

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