Ist „Showrooming“ noch ein Thema? Als vor ca. drei Jahren die App von Amazon mit einem Barcode-Scanner ausgestattet wurde, prophezeiten einige schon den Untergang des Einzelhandels. Wenig später wurde von einigen Medien berichtet, dass manche Elektronikhändler illegale Störsender einsetzen, um das Handynetz der Kunden zu blockieren. Aber sind das wirklich Methoden, die den Kunden davon abhalten können online zu kaufen?
Zunächst aber noch mal ganz von vorne. Was ist „Showrooming“ eigentlich? „Showrooming“ bezeichnet das Verhalten von Kunden, sich in einem Geschäft beraten zu lassen oder ein Produkt auszutesten, dann aber online zu einem günstigeren Preis einzukaufen. Mit einem Smartphone kann heutzutage jeder innerhalb von Sekunden Preise im Internet vergleichen und das noch während man sich im Geschäft befindet. Von diesem Konsumentenverhalten sind besonders Elektronikhändler und Modegeschäfte betroffen. Mit dem Aufkommen dieses Phänomens ging eine Hysterie durch den Einzelhandel. Einige „Experten“ sahen darin sogar das Ende der herkömmlichen Verkaufsflächen.
Eine Studie der E-Commerce Beratung Aquarius zeigt, dass sich nur etwa drei Prozent der Kunden im Geschäft informieren, bevor sie online kaufen. Andere Zahlen fielen da schon stärker ins Gewicht: z.B. fanden zehn Prozent der Kunden das gewünschte Produkt im Laden nicht und circa 30 Prozent waren nur zum Bummeln im Geschäft. Einzelhändler stehen also generell vor der Aufgabe, Kunden, die bereits im Laden sind, zu einem Kauf zu animieren.
Multichannel-Marketing als Lösungsansatz
Multichannel-Marketing beschreibt eine Kommunikations- und Vertriebsstrategie die darauf abzielt den Kunden über mehrere Kanäle hinweg anzusprechen und ihm verschiedene Kaufmöglichkeiten zu bieten. Dabei reicht es jedoch nicht, einfach zusätzlich zu dem Offline-Geschäft einen Online-Shop zu betreiben. Wichtiger ist, dass Online- und Offline-Kanäle miteinander verknüpft sind und dem Kunden ein einzigartiges oder besonders komfortables Einkaufserlebnis ermöglichen. Dadurch soll vor allem die Kundenbindung gestärkt werden, was dazu führt, dass weniger Kunden zur Konkurrenz abwandern.
Ein Vorzeigemodell, wie erfolgreiches Multichannel-Marketing funktionieren kann, liefert Adidas. In den Filialen des Sportartikelherstellers wurden große Monitorwände (Adidas Virtual Footwear Wall) installiert, über die sich das gesamte Sortiment abrufen lässt. Die Filialen können die aktuellen Highlights in Ihren Regalen präsentieren, während der Rest des 8.000 Schuh-Sortiments digital präsentiert wird. Interessiert der Kunde sich für ein digital verfügbares Modell, kann er es direkt über ein Tablet vor Ort bestellen. Der Satz: „Dieses Produkt ist leider nicht verfügbar“ wird somit komplett eliminiert. Außerdem spart der Händler einiges an Lagerkosten.
Ein anderes Vorbild für funktionierendes Multichannel-Marketing liefert die schweizer Handelskette Coop. Hier können sich Kunden an Terminals vor Ort Coupons ausdrucken, die dann direkt im Geschäft oder online eingelöst werden können. Oftmals reichen aber auch schon einfache Verknüpfungen von On- und Offline- Kanälen, um dem Kunden ein besseres Kauferlebnis zu bieten. Die Option des Umtausches oder der Abholung im Geschäft bei Online-Käufen sind ein Beispiel hierfür.
Diese Best-Practices zeigen, dass es definitiv Möglichkeiten gibt, die Kunden davon abzuhalten zu Amazon oder anderen Online-Konkurrenten abzuwandern. Mit ausreichend Kreativität und dem Verständnis, dass neue Kanäle nicht immer eine Bedrohung sondern auch Chancen bieten, können Händler die Kunden noch stärker an sich binden. „Showrooming“ wird so von einem gefürchteten zu einem gewünschten Effekt. Der Kunde informiert sich offline und kauft dann im Online-Shop des Händlers.