Sie interessieren sich für klassische Werbeanzeigen? Ernsthaft? Spielt denn Klassische Werbung in der aktuellen Zeit überhaupt noch eine Rolle? – Wer glaubt, die Werbeanzeige habe sich längst überlebt, irrt gewaltig. Dabei sei an dieser Stelle ausdrücklich Werbung über digitale Medien ausgenommen. Glaubt man den Zahlen, so haben sich die Budgets für Klassische Werbung kaum verändert. Grund genug, sich neben dem boomenden Bereich der Online-Kommunikation den klassischen Instrumenten zuzuwenden. Jeder Marketer mit Verantwortung für die Unternehmenskommunikation sollte dem Einsatz und den Möglichkeiten der klassischen Werbeanzeige hinreichend Beachtung schenken.
1. Klassische Werbung – Anzeigen und mehr
Die Werbeanzeige als ein Instrument der Klassischen Werbung umfasst alle Printmedien. Damit sind sehr unterschiedliche Medien angesprochen. In der Praxis erfolgt eine Klassifizierung in
- Tageszeitungen
- Wochenzeitungen
- Anzeigenblätter
- Supplements
- Zeitschriften
- Fachzeitschriften
- Standes-, Berufs- und Verbandszeitschriften
- Kunden-, Haus- und Werkzeitschriften
- Lesezirkel
- Adressbücher
- Branchenverzeichnisse
- Festschriften
- Prospektwerbung
Sehr printnah, zumindest historisch betrachtet, zählen zur Klassischen Werbung noch die Außenwerbung sowie der große Bereich der Radio-, Fernseh- und Kinowerbung. Außenwerbung umfasst neben der weit verbreiteten Plakatwerbung auch Verkehrsmittelwerbung (Buswerbung, Taxiwerbung usw.) auch Lichtwerbung. Als Basismedium in der Unternehmenskommunikation fungiert die Plakatwerbung hauptsächlich bei Markteinführungen oder z.B. für Tabakhersteller, denen andere klassische Medien wie TV oder Hörfunk verwehrt werden. Radiowerbung bzw. Hörfunkwerbung wird über das Programm von Radiosendern ausgesendet und ist wegen der rein akustischen Übermittlung der Werbebotschaft im Vergleich zu Kino und TV entsprechend beschränkt. Letztere Medien erweitern den Gestaltungsspielraum um bewegte Bilder. Die Werbeträger Kino bzw. TV-Sender stellen spezielle Zeitfenster für die Ausstrahlung eines Werbespots bereit.
2. Vielfalt der Werbeanzeigen
Augenscheinlich existieren schon allein in der Printwerbung vielschichtige Unterscheidungsmerkmale, die sich bereits durch die Unterschiedlichkeit der Werbeträger begründet. Eine Werbeanzeige muss dies berücksichtigen und darauf abgestimmt sein:
- Nutzungssituation und Funktion des Mediums gibt u.a. Hinweise darauf, mit welcher Aufmerksamkeit der Adressat der Anzeige diese wahrnimmt.
- Darstellungs- und Wahlmöglichkeiten beeinflussen ganz wesentlich den Gestaltungsspielraum der Anzeige, wie z.B. die Farbdarstellung.
- Reichweite in räumlicher, zeitlicher, quantitativer und qualitativer Hinsicht, was insbesondere auch im Verhältnis zum Nutzungspreis zu bewerten ist.
Aufgrund der Vielfalt der Möglichkeiten ist eine konsequente und zielgerichtete Planung in Form einer Inter- und Intramediaselektion zwingend erforderlich.
3. Gestaltungs- und Erfolgsregeln
Um einen bestmöglichen Erfolg mit der Werbeanzeige zu erzielen, gilt es auf die Besonderheiten eines jeden Werbemittels Rücksicht zu nehmen. Grundsätzlich gilt: Eine Werbeanzeige sollte innerhalb von wenigen Sekunden inhaltlich die Werbebotschaft transportieren. Ganz anschaulich: Eine Person, die in einem Wartezimmer eine Zeitschrift durchblättert, muss auch ohne besonderes Interesse an der beworbenen Leistung die Botschaft innerhalb von 2 bis 3 Sekunden verstanden und aufgenommen haben.
Wesentliche Gestaltungsmerkmale einer Werbeanzeige sind:
- Die Bildauswahl sollte optimal auf die Zielgruppe abgestimmt sein und dabei Aufmerksamkeit erzielen, die inhaltliche Botschaft unterstützen und Vertrautheit erzeugen.
- Titel und Untertitel sollten das angesprochene Bedürfnis des Adressaten direkt emotional ansprechen und im Titel lediglich 3 bis 7 Wörter umfassen. Behauptungen und aufgeworfene Fragen wecken dabei die Neugierde und Erwartungshaltungen beim Betrachter. Auch wenn der weitere Text meist gar nicht gelesen wird, erhöht allein die Existenz die Glaubwürdigkeit, da der Leser sich potenziell weiter informieren kann.
- Platzierung der Basisbotschaft, also das Logo des Absenders der Botschaft. Traditionell findet sich das Logo der Marke oder des Anbieters unten rechts. Zu bedenken ist aber, dass diese wichtige Information an dieser Stelle erst sehr spät gesehen wird. Eine Größe von mindestens 4 % Bildanteil, in eventuell zentraler Platzierung und mit guter Verknüpfung sollten bei der Gestaltung einer Anzeige berücksichtigt werden. Die Blickführung über die gesamte Anzeige ist hier zu optimieren.
Um wirkungsvoll und damit erfolgreich Anzeigen zu gestalten, empfiehlt sich die Beachtung der folgenden Regeln:
- Beschränken Sie sich auf folgende Grundelemente: Titel – Bild – Text – Logo.
- Anzeigen werden angeschaut und nicht gelesen, also sollte nur das Wichtigste kommuniziert werden.
- Bilder dominieren die Anzeige und sollten sorgfältig ausgewählt werden und mit dem Produkt oder dem Leistungsversprechen in Zusammenhang stehen.
- Der Titel bzw. die Headline sollten durch das Bild getragen werden.
- Beachten Sie die bevorzugte Leserichtung des Adressaten.
- Platzieren Sie Wichtiges oben oder mittig mit ausreichender Größe.
- Gesichter erzielen eine starke Wirkung (Eye-Catcher) und können die Blickrichtung des Betrachters steuern, ebenso wie bildliche Bewegungsrichtungen oder Tiefendarstellungen.
- Vermeiden Sie typische Fehler wie das Überfrachten einer Anzeige z.B. durch zu viele Produkte, oder das Fehlen von Reizen und Hinguckern, von Leistungsversprechen oder von überzeugenden Argumenten.
Da jede einzelne Werbeanzeige immer im Kontext von langzeitlich überdauernden Kampagnen zu sehen ist, sollte eine konzeptionelle Konformität herrschen. Ein spontaner Schnellschuss kann dabei großen Schaden anrichten.
4. Checkliste zur Analyse
Die Notwendigkeit der genauen Analyse einer Werbeanzeige ist offenkundig. Ein erster Zugang zur Analyse bietet die klassische Kommunikationsformel nach Lasswell: WER (Sender) sagt WAS (Werbebotschaft) in WELCHEM KANAL (Werbeträger) zu WEM (Adressat) mit WELCHEM EFFEKT (Werbewirkung).
Der Sender kann ein einzelnes Produkt, eine Produktgruppe bis hin zu dem gesamten Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmen zum Gegenstand der Werbeanzeige machen. Auf der anderen Seite beschreibt der Adressat die angesprochene Zielgruppe, an die die Botschaft gerichtet ist. Die Konkretisierung des Werbeträgers ist das Resultat der Mediaselektion. Die Werbebotschaft ist auf drei Ebenen zu betrachten:
- Die Basisbotschaft ist die deutliche Information über den Absender. Der Adressat soll wenigsten in Erinnerung behalten, wer um ihn geworben hat.
- Zentrale Bedeutung spielt die Nutzenbotschaft. Dieser Benefit, der sogenannte „reason why“, muss dem Adressaten vermitteln, welches Nutzenversprechen hier gegeben wird.
- Schließlich bedarf es einer Begründung, einer nicht zwangsläufig rationalen oder ernsthaften Argumentation, weshalb das Nutzenversprechen glaubhaft ist.
Die Werbewirkung einer Werbeanzeige lässt sich auf verschiedenen Stufen ermitteln. Weit verbreitet dient hier das AIDA-Schema als Orientierung.
- Attention (Aufmerksamkeit)
- Interest (Interesse)
- Desire (Wunsch)
- Action (Aktion/Kauf)
Letztendlich muss sich die Werbung daran messen lassen, wie wirksam sie ist, hinsichtlich der Zielsetzung, die damit verbunden ist. Natürlich muss letztendlich Umsatz, also ein hinreichender Erwerb in der Zielgruppe, angestrebt werden, um die Kosten zu rechtfertigen.
5. Werbeanzeigen in der Praxis
Ob eine Anzeige als „besonders gut“ oder „eher schlecht“ kategorisiert wird, ist sicherlich auch eine sehr subjektive Entscheidung. Zumeist sind es überraschende oder witzige Elemente, die dafür sorgen, dass die Werbung gut beim Betrachter ankommt. Unabhängig vom persönlichen Geschmack kann aber leicht nachvollzogen werden, dass z.B. die hier aufgeführten Anzeigen handwerklich sehr sauber erstellt wurden. Es ist auch anhand der Beispiele gut erkennbar, dass kaum eine Rolle spielt, ob es sich um materielle Konsumgüter, Institutionen, Handel oder Dienstleister dreht, das Rezept für funktionierende Werbeanzeigen ist das gleiche.
Ob es der Hersteller sportlicher Automobile ist, der für seinen Technologieschwenk zur E-Mobilität Faszination zu wecken versucht, oder die Bundeswehr mit einer auf die Zielgruppe abgestimmten Kampagne um Auszubildende wirbt, Basisbotschaft, Nutzenbotschaft und Begründung sind ebenso erkennbar wie Titel, Absender und Eye-Catcher.
Mit Humor begründet der Discounter Netto, dass man nicht an falscher Stelle sparen sollte, sondern lieber beim Einkauf von Lebensmittel, wobei zwar gleichzeitig mehre Angebote an Produkten feilgeboten werden, was aber für die Kernaussage eher nebensächlich ist.
Schon als Klassiker können die Kampagnen der Autovermietung Sixt betrachtet werden. Hier werden im Sinne des Agilen Marketing gerne aktuelle Themen aus der öffentlichen Diskussion aufgegriffen, um sehr kreativ auf eigene Botschaften und Leistungsversprechen zu verweisen.
6. Zukunft der Werbeanzeige
Es ist nicht zu leugnen, dass Printmedien (gemessen in Auflage und Reichweite) sowie Zuschauerquoten in Hörfunk und TV rückläufige Entwicklungen zugunsten von neuen digitalen Medien aufweisen. Dennoch ist unter dem Strich die Reichweite dieser Massenmedien sehr hoch, und besonders geeignet sofern eine breite Streuung gewünscht ist. Klassische Werbung ist nicht als Alternative zu digitalen Medien zu sehen, sondern bietet eine hervorragende Ergänzung. Das Zusammenspiel von digitalen und klassischen Medien in der Werbung kann zusätzliche Effekte erzielen. Synergetische Kommunikationsmöglichkeiten müssen hier erkannt und genutzt werden.
Wer vermutet hatte, dass aufgrund der rasanten Entwicklung neuer Medien die klassischen Werbeträger verdrängt würden, hat sich geirrt. Totgesagte leben länger! Für viele Leistungen bildet die klassische Werbung zurecht eine wichtige Basis in der Unternehmenskommunikation. Die Werbeanzeige erreicht Adressaten auf anderen Ebenen. So weisen Studien nach, dass z.B. die Glaubwürdigkeit von Werbeanzeigen in Zeitungen im Vergleich deutlich höher ist als entsprechende Aktivitäten in anderen Medien. Ungestützte Erinnerung und der Aktionsimpuls sind weitere Stärken von Werbeanzeigen in Zeitungen.
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Bastian Foerster