Genau wie im letzten Jahr wird auch 2017 in vielen Marketingabteilungen über die Begriffe Digitales Marketing und Agilität diskutiert. Also neue Trends und Entwicklungen. Die Diskussionen werden dabei oftmals begleitet von Aussagen, wie „Was soll ich denn noch machen?“, „Haben wir dafür das Budget?“ und „Wie können wir nachweisen, welche Marketingaktivitäten erfolgreich sind?“.
Sehr geehrte Frau Prof. Ziehe, welche Antworten können Sie diesen Marketingleitern aus Ihrer Sicht liefern?
Ich denke, die Fragen der Marketingleiter sind durchaus berechtigt. Die Unternehmen stehen auch in den Marketingabteilungen unter Kostendruck und vor der großen Herausforderung, auf der einen Seite integrierte Marketingaktivitäten über alle Kommunikations- und Vertriebskanäle zu gestalten und auf der anderen Seite nachzuweisen, welchen Erfolgsbeitrag einzelne Kanäle und sogar Einzelmaßnahmen liefern. Und dazu kommen dann immer neue Touchpoints, die sie mit ihren bestenfalls stagnierenden Budgets im Marketing und Vertrieb bedienen müssen.
Wie stehen Sie zu der Aussage: „Was man nicht messen kann, kann man auch nicht steuern?“
Ich halte diese Aussage für absolut wichtig und richtig! Die Unternehmen haben in den vergangenen Jahren in nahezu allen Bereichen ihre Kosten und Erlöse optimiert. Um jetzt noch besser zu werden, sind sehr, sehr feine Stellschrauben in der Produktpolitik, beim Pricing, im Vertrieb und in der Kommunikation zu drehen. Um noch weitere Verbesserungen durch optimierteres Steuern zu erzielen, ist die genaue Kenntnis des Return on Invest jeder einzelnen Aktivität meines Erachtens unerlässlich. Aus diesem Grund halte ich die Operationalisierung und das Messbarmachen von marketingrelevanten Tatbeständen für gerade erfolgskritisch, um sich als Unternehmen im engen Wettbewerbsumfeld weiterhin zu behaupten.
Im Strategischen Marketing-Controlling werden immer noch Tools der 80er Jahre wie die Portfolio-Analyse oder die klassische ABC, und Break-Even-Analyse eingesetzt. Ist das aus Ihrer Sicht noch zeitgemäß?
Ich halte den Einsatz dieser seit vielen Jahren etablierten Tools nach wie vor für sinnvoll für das strategische Marketing bzw. Marketing-Controlling. Die Tools dienen ja vor allem dazu, Komplexität handhabbar zu machen und als Grundlagen für Entscheidungen zu nutzen. Und gerade heutzutage ist die Komplexität von Entscheidungen im Marketing beispielsweise durch die Vielzahl von Kommunikationskanälen oder durch die Anforderungen an das Omni Channel Marketing so viel größer geworden, dass Methoden zur Strukturierung notwendiger sind denn je. Mit den angesprochenen Tools ist es möglich, Stoßrichtungen bzw. Entscheidungsalternativen mit den entsprechenden Maßnahmen zu hinterlegen und diese sowohl ex ante als auch es post zu bewerten.
Welche Kennzahlen benötigt eine mittelständische Marketingabteilung aus Ihrer Sicht?
Ich meine, dass es auch im Mittelstand darauf ankommt, das Controlling der Marketingaktivitäten ganzheitlich zu betrachten. Ausgangspunkt hierfür sollten immer die Kunden sein. Somit leiten sich die Kennzahlen für das Marketing-Controlling in mittelständischen Unternehmen genauso wie in großen Konzernen aus der Kenntnis der genauen Customer Journey ab. Nur Unternehmen, die den Entscheidungsprozess ihrer Kunden und auch „Noch-Nicht-Kunden“ verstehen, werden meines Erachtens in der Lage sein, künftig weiter zu wachsen. Hierzu gilt es Kennzahlen zu definieren und zu messen, die entlang der Customer Journey dem Unternehmen Informationen darüber liefern, welche Marketingaktivitäten – und zwar zu den Produkten, Services, Preisen, Vertriebs- und Werbeaktivitäten – an welcher Prozessstufe funktionieren und welche nicht. Darüber hinaus gilt es, Kennzahlen zu identifizieren, die auch nach einem erfolgreichen Kauf aufzeigen, wie beispielsweise die Weiterempfehlungstendenz des Kunden aussieht. Diese Betrachtungen der Kennzahlen zur Customer Journey zur Ermittlung von Umsatzpotenzialen sind dann durch entsprechende Kundenwertanalysen zu ergänzen.
Können Sie uns noch einen Hinweis oder Tipp geben, worauf man achten sollte, wenn man ein Marketing-Controlling einführen möchte?
Nach meinen Erfahrungen sind die folgenden drei Aspekte bei der Einführung eines Marketing-Controllings erfolgskritisch:
- Die Aufgaben des Marketing-Controllings sollten sich nicht nur auf eine nachträgliche Kontrolle von Aktivitäten beschränken, sondern bereits bei der Planung von Maßnahmen und der Bewertung von Alternativen ansetzen.
- Hierfür werden erfahrene „gestandene“ Manager benötigt, die sowohl inhaltlich, analytisch als auch kommunikativ die Entscheider beispielsweise im Vertrieb, im Marketing oder auch im Einkauf überzeugen können.
- Es ist die Aufgabe der Geschäftsführung dafür zu sorgen, dass das Marketing-Controlling im Unternehmen so positioniert wird – und damit meine ich sowohl inhaltlich als auch materiell –, dass auf Augenhöhe mit Entscheidern in den Fachbereichen diskutiert werden kann, und das Marketing-Controlling nicht als „Revision“ oder Datenlieferant angesehen wird.
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Welchen Tipp geben Sie als Hochschullehrerin Ihren Studenten mit auf den Weg? Welche Trends und Entwicklungen sollte man beobachten, wenn man im Marketingumfeld einen Job ausüben möchte?
Den Studierenden gebe ich mit auf den Weg, dass es im Marketing immer stärker darauf ankommen wird, den Erfolgsbeitrag anhand konkreter Absätze und Umsätze nachzuweisen. Damit verbunden ist für mich ein ganzheitliches Verantwortungsbewusstsein für die Investitionen und Erträge eines Unternehmens. Dieses steht leider oft im Gegensatz zur Praxis vor allem in großen und etablierten Unternehmen, wo die Bereichsleiter ihren Erfolg daran messen, dass sie ihre Budgets aus den Vorjahren behalten dürfen. Hier versuche ich die Studierenden anzuregen, sich das Bereichsdenken gar nicht erst anzueignen, sondern Marketing immer als ganzheitlichen Ansatz zur Umsatzgenerierung zu verstehen.
Vielen Dank Frau Prof. Ziehe für das Interview.
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