Beschwerdemanagement – Beschwerden als Möglichkeit Kunden zu binden

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Auch wenn ein Unternehmen 100-prozentige Qualität liefern möchte, kann es doch gelegentlich zu Fehlern, Mängeln und Problemen kommen. Diese Mängel nehmen einige Kunden zum Anlass, sich zu beschweren. Das Beschwerdemanagement besteht dann häufig darin, Kundenanliegen soweit wie möglich abzuwiegeln und innerbetrieblich einen Schuldigen zu suchen. Angesichts dieser in vielen Unternehmen anzutreffenden Praxis ist es kein Wunder, dass immer noch von „Servicewüste Deutschland“ gesprochen wird. Wer stattdessen die Kundenzufriedenheit steigern und so einen Nutzen aus der Kritik ziehen möchte, sollte ein effektives Beschwerdemanagement implementieren.

Beschwerde-Beispiel DHL - So nicht!

Beim deutschen Paketriesen DHL ist es zum Beispiel üblich, dass ein Kunde, dessen Paket nachweislich nicht beim Empfänger nicht angekommen ist, mit einer Hinhaltetaktik abgewimmelt wird, damit man den entstanden Schaden nicht begleichen muss. Die Strategie ist relativ simpel: Der Kunde darf seine Beschwerde nur schriftlich einreichen und bekommt auch nur schriftlich Antwort. Ein direkter Ansprechpartner für Rückfragen, oder zur genaueren Erläuterung des Sachverhaltes wird ihm nicht genannt. Mit Hilfe eines Standardformulars werden somit, ohne Nennung von konkreten Gründen, seine Beschwerden einfach abgelehnt, mit der Hoffnung, dass der Kunde irgendwann aufgibt. Eine beliebte, aber leider kundenfeindliche Strategie.

Ziele des Beschwerdemanagements

Vereinfacht gesagt liegt das Ziel des Beschwerdemanagements immer darin, die Gründe für Ärger auf Seiten des/der Kunden zu beseitigen. Hat sich ein Kunde beschwert, sollte das Ziel darin liegen, dessen Anliegen möglichst schnell und effektiv zu bearbeiten. Je besser das gelingt, desto besser stehen die Chancen darauf, diesen Kunden langfristig an das eigene Unternehmen zu binden. Und nicht nur das: Auch die Chancen darauf, dass der Kunde Ihr Unternehmen weiterempfiehlt, steigen. In vielen Fällen sorgt eine schnelle und präzise Bearbeitung der Beschwerden zudem für eine gestärkte Verbindung zwischen Kunde und Unternehmen und kann die Loyalität der Kunden Ihnen gegenüber fördern. Ebenfalls ein wichtiges Ziel im Beschwerdemanagement ist es, im weiteren Verlauf Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern. So geben diese keinen erneuten Anlass für Beschwerden der Kunden. Sehen Sie Kritik und Feedback der der Kunden daher immer auch als Chance an!

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Ursachen von Beschwerden

Reklamation bzw. Kundenbeschwerden entstehen durch die Abweichung zwischen der Leistungserwartung und der Leistungswahrnehmung. Damit hängt die Kundenzufriedenheit eng mit der Qualität der Leistung zusammen, die hier als subjektiv wahrgenommene Leistungsqualität zu interpretieren ist. In unserem Beispiel hat der Kunde also die Erwartung gehabt, dass sein Paket von A nach B transportiert wird. Dies ist nicht erfolgt und der Kunde ist unzufrieden. Der Kunde hat in dieser Situation zwei Möglichkeiten mit seiner Unzufriedenheit umzugehen: Er kann die Situation hinnehmen und nichts tun, oder er kann eine Verhaltensreaktion auslösen. Auf jeden Fall wird er zukünftig die Leistung des Unternehmens deutlich negativer beurteilen. Nur sehr wenige Kunden werden sich direkt beim Unternehmen beschweren. Die Mehrzahl der Kunden wandert ab und geht zur Konkurrenz (Unternehmensboykott) oder versucht in Zukunft solche Leistungen nicht mehr nachzufragen. Andere Kunden kommentieren die schlechte Leistung der Kunden in ihrem sozialen Umfeld. Es gibt ein Zitat, das besagt, dass ein zufriedener Kunde mit maximal drei anderen Kunden über ein Unternehmen spricht, während der unzufriedene Kunde mit sieben anderen Kunden kommuniziert. In der modernen Kommunikationswelt ist der Effekt von unzufriedenen Kunden sogar noch viel stärker. Auf Ebay finden sich zum Beispiel direkt die Bewertungen von Kunden über die Verkäufer. Diese Bewertungen sind von jedem anderen eBay-Nutzer direkt einsehbar. Eine negative Beurteilung wird daher sofort von mehreren 1000 Nutzern gesehen. Auch auf Bewertungsseiten wie www.dooyoo.de oder www.yopi.de können Kunden Produkte bewerten und damit eine Öffentlichkeit für schlechte Leistungen herstellen. Eine dritte Gruppe von Kunden geht tatsächlich zum Unternehmen selber und beschwert sich. Diese Gruppe stellt jedoch eine Minderheit dar. Die Gründe sich nicht direkt zu beschweren sind vielfältig: „Keine Zeit“, „Bringt nichts“, „Man wird sowieso nur abgewimmelt“, „Man wird als nörgelnder Kunde abgestempelt“, etc.

Umgang mit Beschwerden

Die Zufriedenheit des Kunden stellt eine zentrale Bedeutung dar. Doch was ist zu tun, wenn er mal nicht zufrieden ist oder sich sogar beschwert? Beschwerden können aber nicht nur negativ sein, sondern bieten Unternehmen die Chance, das Produkt oder die Leistung weiter zu verbessern. Der Umgang mit Beschwerden ist sinnvoll, einfach zu managen und steigert kurzfristig die Kundenzufriedenheit und langfristig nachweislich auch die Rendite des Unternehmens. Unternehmen sollten also im Umgang mit Beschwerden darauf achten, diese möglichst schnell, freundlich und lösungsorientiert zu behandeln. So wird den Kunden das Gefühl einer hohen Kundenorientierung vermittelt. Studien haben bewiesen, dass Kunden, dessen Beschwerde kompetent bearbeitet wurden, zukünftig eine deutlich höhere Zufriedenheit aufweisen, mehr bei dem Unternehmen nachfragen und deutlich loyaler sind. Zudem sollte man jeden reklamierenden Kunden als kostenlose Unternehmensberatung betrachten. Er zeigt einem die eigenen Schwachstellen im Leistungsprozess auf.

Vier Tipps für erfolgreiches Beschwerdemanagement

Für eine professionelle Reklamationsbearbeitung sollten die folgenden vier Schritte professionell umgesetzt werden:

Tipp 1: Beschwerdestimmulierung

Die Beschwerdestimmulierung ist der erste und wichtigste Schritt. Der Kunde muss eine einfache Möglichkeit haben, seine Beschwerde loszuwerden. Dies kann persönlich durch geschulte Mitarbeiter aus dem Kundendienst und dem Service erfolgen oder unpersönlich durch Fragebögen, Terminals oder Response-Karten. An dieser Stelle machen viele Unternehmen Fehler und haben dadurch den Eindruck, dass bei Ihnen alles gut läuft, da ja keine Beschwerden vorliegen.

Tipp 2: Beschwerdeannahme

Die Beschwerdeannahme sollte durch geschultes Personal in einer möglichst entspannten Atmosphäre erfolgen. Der Verweis, man könne sich ja im Internet oder per Fax / Post beschweren, stellt eine zusätzliche Hürde dar. Viele Kunden scheuen den damit verbundenen Aufwand. Dem Kunden sollte verdeutlicht werden, dass die Beschwerde verstanden und ernst genommen wird. Das Problem darf auf keinen Fall verharmlost werden, denn dies wirkt sich negativ auf die Zufriedenheit des Kunden aus. Einen aufgebrachten Kunden sollte der Mitarbeiter erst einmal versuchen zu beruhigen. Selbst gegenüber ausfälligen Kunden gilt ein sachlicher und freundlicher Ton. Vor dem Kunden sollte sich ein Mitarbeiter nicht rechtfertigen müssen, sondern hinter dem eigenen Produkt oder der Dienstleistung stehen. Eine persönliche Kommunikation mit dem Kunden bietet die Möglichkeit, zusätzliche Informationen zu erhalten.

Tipp 3: Beschwerdebearbeitung

Die Beschwerdebearbeitung sollte schnell und unkompliziert erfolgen und der Kunde ist über jeden Schritt zu informieren.

Tipp 4: Beschwerdeaktion

Die Beschwerdereaktion, also die Problemlösung, kann unterschiedlich erfolgen. Entscheidend für die zufriedenstellende Lösung des Kundenproblems stellt die Kompetenz der Beschwerdestelle dar. Sie muss in der Lage sein, dem Anliegen mit der geforderten Sorgfalt und Qualität zu begegnen. So ist Ehrlichkeit besonders wichtig, wobei keine Ausreden gelten, die das Problem verharmlosen, da die meisten Kunden dies durchschauen und dann noch negativer gestimmt sind. Kunden sind informiert und wollen nicht für dumm verkauft werden.
Als Entschädigung sind sowohl finanzielle als auch materielle und immaterielle Lösungen möglich. Interessanter Weise erwarten die meisten Kunden zumindest eine Entschuldigung für die schlecht erbrachte Leistung. Genau an diesem Punkt besteht ein großes Potenzial zur Steigerung der Kundenzufriedenheit. Eine passive Reklamationslösung führt lediglich zur Behebung des Problems und damit zur Abwendung eventueller rechtlicher Konsequenzen. Die aktive Bearbeitung kann ohne größere finanzielle Aufwendungen Kundenzufriedenheit auslösen.

Kommen wir noch einmal kurz zum Beispiel von oben zurück. Dadurch, dass DHL mit reklamierenden Kunden unfreundlich umgeht, wird das negative Leistungserlebnis noch verstärkt. Der reklamierende Kunde merkt, dass das Unternehmen ihm den nachweislich entstandenen Schaden nicht begleichen will und er als Kunde auch „scheinbar“ unerwünscht ist und abgewimmelt wird. Ein kompetentes Handling von Beschwerden wird langfristig die Kundenzufriedenheit steigern, was sich wiederum positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt. Denn jede Beschwerde eines unzufriedenen Kunden bietet die Chance, die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu reflektieren und zu verbessern. Ein professionelles und überzeugendes Beschwerdemanagement bietet weiterhin die Möglichkeit, aus einem unzufriedenen Kunden einen zufriedenen und loyalen Kunden zu generieren.

Indirektes Beschwerdemanagement und die entsprechenden Aufgaben

Das indirekte Beschwerdemanagement unterscheidet sich maßgeblich vom direkten Beschwerdemanagement. Im indirekten Beschwerdemanagement versuchen Sie, Prozess und Produkte laufend zu optimieren, ohne dass dies einen Kunden direkt betrifft. Die entsprechenden Aufgaben unterteilen sich in die folgenden vier Bereiche:

  • Beschwerdeauswertung
  • Beschwerde-Controlling
  • Beschwerde-Reporting
  • Nutzung der Informationen
Beschwerdemanagement

Beschwerdeauswertung

Die Beschwerdeauswertung ist für das indirekte Beschwerdemanagement die Basis. Zunächst geht es darum, im Rahmen der quantitativen Auswertung alle Daten aus den Beschwerden zusammenzufassen. Im weiteren Verlauf werden die gesammelten Daten genauer unter die Lupe genommen. Sie prüfen also im Rahmen der qualitativen Auswertung die Ursachen für die Beschwerden.

Beschwerde-Controlling

Nachdem die Beschwerden und ihre Ursachen genau analysiert wurden, geht es an das Beschwerde-Controlling. Dieses unterteilt sich noch einmal in drei unterschiedliche Bereiche: Das Evidenz-Controlling, das Controlling der Aufgaben und das Controlling von Kosten und Nutzen. Im Evidenz-Controlling prüfen Sie, ob die Beschwerden des jeweiligen Kunden auch angekommen sind. Das Aufgaben-Controlling ist dafür zuständig, die Umsetzung aller Richtlinien für die Kundenbeschwerden zu kontrollieren. Zum Abschluss prüfen Sie natürlich die wirtschaftlichen Folgen des Beschwerdemanagements. Hierfür ist das Kosten-Nutzen-Controlling zuständig.

Beschwerde-Reporting

Das Beschwerde-Reporting ist innerhalb Ihres Beschwerdemanagements ein wichtiger Punkt. Hier teilen Sie die jeweiligen Aufgaben den Mitarbeitern bzw. Entscheidungsträgern zu. Das heißt, dass Sie hier zunächst festlegen, welche Mitarbeiter für die Entscheidungen im Beschwerdemanagement zuständig sind. Klären sollten Sie zudem, in welcher Form die Daten den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden. Bedenken Sie: Je mehr Daten Sie den Mitarbeitern bereitstellen, desto effektiver werden diese die Bearbeitung der Beschwerden in der Regel vorantreiben können.

Nutzung der Informationen

Sämtliche gewonnenen Informationen aus den bisherigen Prozessschritten sollten natürlich genutzt werden. Diese Informationen dienen der Verbesserung der Qualität und der Optimierung der einzelnen Prozesse. So vermeiden Sie, dass künftig erneut Beschwerden aufgrund der eigentlich bekannten Probleme eingehen.

Customer Centricity und Experience Management

In diesem eintägigen Workshop zum Customer Centricity und Experience Management lernen Sie was es heißt, Kundenorientierung im Unternehmensalltag zu leben und aktiv für den Unternehmenserfolg zu nutzen.

Wie wird das Beschwerdemanagement implementiert?

Die Implementierung des Beschwerdemanagements muss kein komplizierter und langwieriger Prozess sein. Sicherlich wird der reibungslose Ablauf nicht von heute auf morgen umzusetzen sein. In der Regel lässt der sichere Umgang mit Beschwerden aber erlernen und mit etwas Übung in die Tat umsetzen. Im ersten Schritt sollten Sie die zuständigen Mitarbeiter auswählen. Sie werden am besten beurteilen können, welche Mitarbeiter in diesem Bereich am erfolgreichsten arbeiten werden. Es sollte sich um aufgeschlossene, freundliche und kommunikative Mitarbeiter handeln. Vor allem dann, wenn diese im direkten Kontakt mit den jeweiligen Kunden stehen. In der Rolle der Entscheidungsträger sollten vor allem Mitarbeiter stehen, die gut delegieren und natürlich klare Entscheidungen treffen können.

Ein fester Bestandteil der Implementierung ist zudem die Schulung der Mitarbeiter. Hier legen Sie genau fest, wie Sie mit den Beschwerden auf Unternehmensseite umgehen wollen. Klare Definitionen sind hier erforderlich. Jeder Mitarbeiter muss genau wissen, was er zu welchem Zeitpunkt im Beschwerdemanagement zu tun hat. Im weiteren Verlauf kommt es dann vor allem auf die Etablierung und Optimierung einzelner Prozesse an. Hierzu gehört zum Beispiel die Beschwerdestimulierung. Sie sollten es Ihren Kunden so leicht wie möglich machen, sich mit einer Beschwerde an Ihr Unternehmen zu wenden. Das stärkt das Vertrauen in Ihre Marke und ist gleichzeitig ein wichtiger Bestandteil im direkten Beschwerdemanagement.

Zusätzlich dazu sollten Sie die Beschwerden möglichst auf vielen Wegen entgegennehmen. Zum Beispiel per Hotline, E-Mail, Rückruf-Formular oder Ähnlichem. Etablieren sollten Sie zudem einen festen Prozess in der Bearbeitung der Beschwerden. Wie Sie hier genau vorgehen, ist jedoch von jeder einzelnen Beschwerde individuell abhängig. Beschwert sich ein Kunde über ein fehlerhaftes Produkt, könnten Sie ihm zum Beispiel ein Ersatzprodukt zur Verfügung stellen. Alternativ könnten Sie etwa einen Gutschein oder einen Rabatt ausstellen. Trotz der individuellen Lösungsansätze sollten Sie versuchen, für alle Eventualitäten klare Lösungen zu definieren.

Fazit

  • Beschwerden sind nicht das Ergebnis von nörgelnden Querulanten, sondern häufig das Ergebnis eines Anlasses, den nicht der Kunde verursacht hat, sondern der Beschwerdeempfänger selber.
  • Der Kunde ist kein Gegner, sondern langfristiger Geschäftspartner mit einem hohen Wert.
  • Beschwerden verursachen nicht nur Kosten, sondern haben auch einen sehr hohen Nutzen.
  • Beschwerden sind nicht zu minimieren, sondern nur die Reklamationsanlässe.
  • Eine positive Beschwerdebearbeitung kann eine zusätzliche Kundenbindung zur Folge haben.

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