Das Eisbergmodell ist in vielen Unternehmensbereichen anwendbar: In der internen Kommunikation, im Aufbau einer Marke oder im Vertrieb. Genau wie es bei Eisbergen der Fall ist, beruht das Modell auf dem Phänomen, dass häufig nur ein Bruchteil sichtbar ist, während ein viel größerer Teil unter der Oberfläche verborgen ist. Doch wie ist das auf die Kommunikation oder den Markenaufbau übertragbar?
Eisbergmodell – Definition
Das Eisbergmodell verweist auf die zwei Ebenen der Kommunikation, von denen eine sichtbar und eine unsichtbar ist. Nimmt man den Querschnitt eines Eisberges als Vorbild, dann gibt es also einen sichtbaren Teil von 10 bis 20 Prozent und einen unsichtbaren Teil von 80 bis 90 Prozent. Diesen beiden Teilen weisen Kommunikations- und Unternehmensberater die Begriffe „Sachebene“ und „Beziehungsebene“ zu. Die Sachebene ist beim Eisbergmodell der sichtbare Teil, die Beziehungsebene ist der unsichtbare Bereich:
- Sachebene (sichtbar, bewusst): alle mess-, zähl- und auswertbaren Faktoren, wie Zahlen, Fakten oder Daten.
- Beziehungsebene (unsichtbar, unbewusst): alle nicht greifbaren, nur unterschwellig vorhandenen Faktoren, wie Erfahrungen, Wertvorstellungen, Gefühle, Interpretationen, Instinkte oder auch Antriebe.
Wie funktioniert das Eisbergmodell?
Überträgt man das Bild des Eisbergs beispielsweise auf ein Unternehmen, dann muss man dieses in sichtbare und unsichtbare Erfolgsfaktoren einteilen. Nach dem Eisbergmodell sind sichtbare Erfolgsfaktoren:
- Corporate Design (einheitlicher Webauftritt)
- Dresscodes (manche Unternehmen haben spezielle Kleidung, z. B. Fluggesellschaften)
- Einrichtung der Räume (alle Büros sind vom Design her gleich)
- Verhalten der Mitarbeiter (Umgang mit Kunden, Kollegen und Geschäftspartnern)
- Regeln (in schriftlicher Form von Arbeitsverträgen oder Verschwiegenheitsklauseln).
Sichtbare Faktoren prägen die Unternehmenskultur nach außen hin, während sogenannte unsichtbare Erfolgsfaktoren einen weitaus größeren Einfluss innerhalb des Unternehmens besitzen und als Stütze aller Faktoren dienen:
- Leitbilder bzw. Unternehmenswerte (ungeschriebene Gesetze, mit denen sich alle Mitarbeiter identifizieren),
- Erfahrungen der Mitarbeiter (das Handeln einer Person wird von diesen geprägt),
- Grundbedürfnisse der Mitarbeiter (ihre Erfüllung motiviert die Mitarbeiter).
Unsichtbare Erfolgsfaktoren verdeutlichen, wie ein Unternehmen in seinem Innersten aufgestellt ist. Sie zeigen auf den zweiten Blick, nach welchen Kriterien verfahren wird und wie Kontakte aufgebaut und erhalten bleiben (Kunden, Geschäftspartner, Mitarbeiter).
Aufbau einer Unternehmenskultur nach dem Eisbergmodell
Diese Aufteilung in einen sichtbaren und unsichtbaren Teil kann sich auch in der Unternehmenskultur wiederfinden. Der Erfolg eines Unternehmens hängt nicht nur von sichtbaren Dingen, wie Corporate Design oder einem speziellen Dresscode ab, der das Unternehmen widerspiegelt. Auch subtile Dinge, die zunächst unsichtbar bleiben, spielen eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Unternehmenskultur.
Dazu zählen die Unternehmenswerte, das Arbeitsklima und auch die Beziehung zwischen den Mitarbeitern bzw. zwischen Mitarbeitern und Führungskräften.
Ist sich ein Unternehmen dieser beiden Ebenen bewusst und integriert dieses Wissen in seine Unternehmensstrukturen, kann es von der Dynamik, die zwischen beiden Ebenen besteht, profitieren.
Dem Kunden gerecht werden – das Eisbergmodell im Verkauf
Auch im Bereich des Vertriebs von Produkten kann ein Unternehmen auf das Eisbergmodell zurückgreifen, um erfolgreich zu sein. Wer einen Kunden ansprechen und von einem Produkt überzeugen möchte, muss dies auf der rationalen Ebene ebenso schaffen wie auf der emotionalen. Damit der Verkäufer Zugang zum Kunden erhält, muss er vor allem dessen vier Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Anerkennung, Selbstbestimmung und Kontakt befriedigen. Auf der Basis dieser Bedürfnisse können Kunden in sogenannte Motivationstypen eingeteilt werden:
- Sicherheitstyp
- Vertrauenstyp
- Prestigetyp
- Unabhängigkeitstyp
- Rechtecktyp
Ein guter Verkäufer kann nicht nur die erforderlichen Fakten zu einem Produkt auf der Sachebene klar und präzise präsentieren. Er ist sich vielmehr der Komplexität desjenigen bewusst, der als Kunde vor ihm steht. Er ist in der Lage, den Kunden sozusagen zu lesen, also zu erkennen, welches Grundbedürfnis dieser am ehesten hat und welche Motivation ihn am stärksten antreibt. Aufgrund dieses Gespürs gelingt es dem Verkäufer am besten, beim Kunden aktiv beide Ebenen anzusprechen.
Experten sprechen in diesem Zusammenhang davon, dass die Empathie des Verkäufers zu einem fast unschlagbaren Wettbewerbsvorteil werden kann. Der Verkäufer errichtet eine Gesprächsatmosphäre, die für den Kunden angenehm ist. Dieser fühlt sich wahrgenommen, kompetent beraten und es entsteht bei ihm vor allem der Eindruck, dass sein Gegenüber zu verstehen versucht, was er wirklich möchte. Hier wird das Eisbergmodell vom Verkäufer perfekt umgesetzt und führt früher oder später zum Erfolg.
Das Eisbergmodell beim Markenaufbau berücksichtigen
Auch beim Aufbau und der Gestaltung einer Marke lohnt es sich, das Eisbergmodell in die Konzeption einzubeziehen. Ähnlich wie der bei der Unternehmenskultur, ist auch bei einer Marke die Einteilung in sichtbare und verborgene Faktoren möglich.
Auf der Sachebene besteht eine Marke aus den zugehörigen Produkten und Services, der Darstellung über Logo, Farbschema etc. und der Kommunikation mittels Social Media, Werbekampagnen oder Webseite.
Auf der Beziehungsebene besteht eine Marke aus weniger greifbaren Aspekten, wie dem Markenimage, dem Kauferlebnis ihrer Produkte oder den Erfahrungen der Kunden. Diese Faktoren werden als Markenguthaben bezeichnet. Sie stellen das Fundament für Kundenloyalität und dadurch Stabilität der Marke dar.
Um eine erfolgreiche Marke zu entwickeln, sind die wahrnehmbare Markenpräsenz und das Markenguthaben gelichermaßen wichtig. Durch die Optimierung der Markenpräsenz sollte langfristig das Markenguthaben „aufgeladen“ werden. Wer es schafft, die eigene Marke mit positiven Gefühlen und Assoziationen zu verknüpfen, sorgt für positive Kundenerlebnisse und sichert sich dadurch einen Erfolg auf der nicht sichtbaren, aber wichtigen Beziehungsebene.
Das Eisbergmodell im Projektmanagement eines Unternehmens
Die Bedeutung, die das Eisbergmodell beispielsweise für das Projektmanagement eines Unternehmens hat, lässt sich an einem kleinen Beispiel verdeutlichen: Ein Projektleiter sagt zu einem seiner Teammitglieder: „Bitte übernehmen Sie die morgige Produktpräsentation.“ Diesen Satz kann man ohne Probleme auf der Sach- und Beziehungsebene hören und auf jeder Ebene hat er eine andere Bedeutung. Auf der Sachebene bedeutet der Satz einfach, dass der Projektleiter möchte, dass sein Mitarbeiter die Präsentation macht. Auf der Beziehungsebene hingegen könnte der Satz bedeuten, dass:
- der Projektleiter zu faul ist, die Präsentation selbst vorzubereiten;
- die gute Arbeit des Mitarbeiters durch die übertragene Aufgabe honoriert wird;
- der Projektleiter den Misserfolg des Mitarbeiters im Auge hat.
Auf der Beziehungsebene spielt es also eine wichtige Rolle, in welchem Verhältnis Projektleiter und Mitarbeiter zueinander stehen. Je schlechter die Beziehung ist, desto negativer ist die Botschaft, die beim Mitarbeiter ankommt.
Dieses Beispiel zeigt, dass im Projektmanagement neben einer hohen Sachkompetenz auch eine ausgeprägte Sozialkompetenz notwendig ist, um die Dynamik zwischen Sachebene und Beziehungsebene in einem guten Gleichgewicht zu halten. Damit dies gelingt, empfehlen Kommunikationstrainer, die folgenden Fähigkeiten bei Mitarbeitern im Projektmanagement besonders zu fördern:
- Regeln bezüglich Verhalten und Kommunikation zu befolgen;
- Bereitschaft, die eigene Rolle im Team zu klären;
- Sach- und Beziehungsebene zu unterscheiden;
- persönliche Hintergründe zu berücksichtigen;
- Fertigkeit, Feedback einzuholen;
- bei Bedarf nachzufragen und offen zu bleiben;
- aktiv zuzuhören;
- Formulierungen verständlich zu nutzen.
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Wandel ist nur von unten möglich – mit dem Eisbergmodell ein Unternehmen nachhaltig verändern
Schon die Geschichte lehrte uns, dass grundlegende, gesellschaftliche Veränderungen immer von unten – also vom Volk – initiiert werden. Meist sind es nicht befriedigte Grundbedürfnisse der Menschen, die zu solchen Veränderungen geführt haben. Von „oben“ verordnete Veränderungen sind häufig nicht langlebig, weil sie nur die Bedürfnisse weniger berücksichtigen und nicht die der Masse. So ist auch ein wirklich nachhaltiger Wandel in einem Unternehmen nur dann möglich, wenn man ihn von unten her, also mit Blick auf die nicht sichtbaren Faktoren, in Angriff nimmt.
Umfassende Veränderungen müssen gemäß dem Eisbergmodell von einem guten „Bauchgefühl“ begleitet sein und dieses lässt sich eben nur durch die Berücksichtigung der unter der Wasseroberfläche verborgenen Teile erreichen. Ein Unternehmen muss also immer alle mit ins Boot holen. So werden alle wichtigen Eigenschaften des Eisberges berücksichtigt, wenn ein gänzlich neuer Kurs eingegeben und ein anderes Ziel angesteuert werden soll.
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